Macht darf nicht missbraucht werden
MdB Gudrun Zollner: Das Sporttreiben im Sportverein sicherer machen und gegen sexualisierte Gewalt sensibilisieren

Wo junge Menschen in Sportvereinen trainieren, zeigt sich auch der Stolz auf den eigenen, durchtrainierten Körper. Eine Studie hat nun gezeigt, dass ein Drittel aller Leistungssportlerinnen und Leistungssportler schon einmal sexuell bedrängt wurde. Abwertende Sprüche, Entblößen, unerwünschte Nacktheit ebenso wie Grapschen und schwere Übergriffe hat die Mehrheit unter ihnen bereits als Minderjährige erlebt. Gleichzeitig sind viele Sportvereine nicht auf solche Fälle vorbereitet. Die niederbayerische CSU-Bundestagsabgeordnete Gudrun Zollner, Mitglied im Sportausschuss des Bundestages, appelliert deshalb an alle Sportvereine in Niederbayern, nicht wegzuschauen, sondern klare Leitlinien zum Umgang mit solchen Fällen festzulegen und Ansprechpartner zu benennen, an die sich die jungen Sportler vertrauensvoll wenden können.
Die Politik nimmt dieses Thema ernst. Gudrun Zollner: „Der organisierte Sport ist bei uns einer der wichtigsten Orte für aktive Kinder und Jugendliche. Wir sind dafür verantwortlich, dass sie sich hier sicher fühlen können.“ Hintergrund der Diskussion sind die ersten Ergebnisse einer Studie der Sporthochschule Köln zum Thema „Safe Sport – Schutz von Kindern und Jugendlichen im organisierten Sport in Deutschland“. Dabei wurden 1800 Kaderathletinnen und –athleten befragt, welche Erfahrungen sie mit sexualisierter Gewalt gemacht haben. Und ein Drittel der Befragten hat tatsächlich schon sexuelle Belästigungen oder Gewalt erdulden müssen, die Mehrheit unter ihnen war dabei jünger als 18 Jahre.
Ein Drittel aller bayerischer Jugendverbände war bereits mit Fällen sexualisierter Gewalt konfrontiert
Welche Größenordnung in Zahlen betroffen sein kann, macht der Bayerische Jugendring deutlich: Gut eine Million Mädchen und Jungen, die jünger als 18 Jahre sind, also 40 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in diesem Alter, sind in Sportvereinen aktiv. Durch seine Beratungstätigkeit weiß der BJR auch, dass ein Drittel aller bayerischen Jugendverbände bereits mit Fällen sexualisierter Gewalt konfrontiert war.
Ein anderes Zwischenergebnis der Studie ist, dass in Sportvereinen, die offensiv bei sexualisierter Gewalt reagieren, die Zahl der Fälle spürbar geringer ist. Dazu haben die Wissenschaftler der Sporthochschule repräsentativ über 20.000 Sportvereine befragt. Ergebnis: Die Hälfte aller Vereine hält den Kampf gegen sexualisierte Gewalt im Sport für wichtig. Über 60 Prozent der Vereine haben mindestens eine Maßnahme ergriffen, sei es die Benennung einer Ansprechperson, regelmäßige Schulungen und Informationen für Trainer und Betreuer oder sogar Leitlinien für den Umgang mit Vor- und Verdachtsfällen.
Die Mehrheit der Vereine wünscht sich Hilfe und Unterstützung
Das heißt aber auch umgekehrt: Fast ein Drittel der Vereine hat noch nichts Entsprechendes unternommen. Da passt es ins Bild, dass sich die Mehrheit der Vereine genau bei diesen Punkten mehr Unterstützung wünscht: Informationsmaterial, Unterstützung beim Umgang mit Verdachtsfällen und bei Qualifizierungsmaßnahmen zur Sensibilisierung gegen sexualisierte Gewalt.
Gudrun Zollner appelliert deshalb an Trainer, Betreuer, Sportvereinsfunktionäre und Eltern, nicht wegzuschauen, sondern genau hinzuschauen: „Dort, wo sexuelle Gewalt nicht aus falsch verstandener Scham unter den Tisch gekehrt wird, sind Kinder und Jugendliche sicherer. Es gibt schon viel an Hilfe und Informationen zum Thema. Die Vorlage eines Erweiterten Führungszeugnisses ist ein Baustein von Schutzkonzepten und kann potenzielle Täter abschrecken, aber mit vielen Sachverständigen ist die CSU einig, dass die Abfrage einer Negativauskunft einfacher und unbürokratischer ist. Leider zeigt sich der Koalitionspartner SPD hier nicht verhandlungsbereit.“
Hier gibt es Angebote und Informationen
Kinder und Jugendliche finden kostenlos und anonym Rat unter der Nummer gegen Kummer 116 111 oder auch auf www.trau-dich.de. Zollner, die auch dem Familienausschuss des Deutschen Bundestages angehört, weist darauf hin, dass das Bundesfamilienministerium zahlreiche Initiativen gegen sexuellen Missbrauch unterstützt. Auch die Bayerische Sportjugend biete auf ihrer Homepage eine Menge an Material für Sportvereine an, beispielsweise Muster für Schutzvereinbarungen und Absprachen, die innerhalb des Sportvereins getroffen werden können. Dazu gehören so einfache Regeln wie, dass Erwachsene die Umkleiden und Duschen von jungen Menschen erst nach Aufforderung betreten dürfen, ebenso wie Informationen für Eltern, welche Hilfestellungen Trainer und Betreuer in welcher Sportart geben müssen.